Bildung für Nachhaltigkeit auf dem Uni-Campus – FU Berlin und Peking Universität lernen gemeinsam

Published February 2019
Katrin Risch © Bernd Wannenmacher

Die University Alliance for Sustainability – kurz UAS – wurde 2015 von der Freien Universität Berlin und ihren vier strategischen Partnern, der Hebrew University of Jerusalem, Peking University, St. Petersburg State University und der University of British Columbia, gegründet. Ziel der Initiative ist es, die Rolle von Hochschulen bei der Förderung von nachhaltiger Entwicklung zu diskutieren und zu stärken. Das Projekt wird vom DAAD gefördert. Katrin Risch, Projektkoordinatorin der University Alliance for Sustainability, beantwortet für STADTMACHER China – Deutschland einige Fragen zu der internationalen Initiative.

Frau Risch, wir würden gerne mit einer persönlichen Fragen starten: Was ist Ihre persönliche Motivation für das Thema Nachhaltigkeit und Hochschule? Wie lange sind Sie schon dabei?

Engagiert habe ich mich in dem Bereich schon als Jugendliche. Als ich an der FU Berlin zu arbeiten begann, habe ich von der Nachhaltigkeitsinitiative SUSTAIN IT! erfahren, die u.a. Ringvorlesungen machte. Das besondere war, dass sie nicht nur von oder für Studierende organisiert wurde, sondern auch Mitarbeiter*innen der Universität einbezog. So begann ich, dort ab etwa 2013 mitzuarbeiten und Nachhaltigkeitsaktionen auf dem Campus mitzuorganisieren.

Können Sie unseren Leser*innen bitte zunächst allgemein etwas zum Thema Nachhaltigkeit an der FU Berlin sagen?

Beim Thema Nachhaltigkeit kann die FU Berlin auf etwa 18 Jahre zurückblicken. Angefangen hatte Universität ganz klassisch mit der Etablierung eines Energiemanagements.

Die SUSTAIN IT! Initiative für Nachhaltigkeit + Klimaschutz wurde 2010 von Mitarbeiter*innen vom Forschungszentrum für Umweltpolitik, der Stabsstelle Nachhaltigkeit und Studierenden gegründet. 2012 wurde sie als offizielles Projekt der UN-Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) ausgezeichnet. Gleichzeitig erforschen Wissenschaftler*innen am Institut Futur (im Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie) begleitend die Umsetzung des Weltaktionsprogramms BNE und untersuchen, wie sich dieses auf 10 Jahre ausgelegte Programm in der Lehre, an Schulen, in Kommunen aber eben auch an der Universität auswirkt.

Außerdem hat die Initiative SUSTAIN It! einen Entwurf für ein holistisches Nachhaltigkeitsleitbild verfasst, der in einem universitätsweiten partizipativen Prozess weiterentwickelt und schließlich vom Präsidium der FU Berlin verabschiedet wurde.

Unser Anspruch im Rahmen dieses Leitbildes ist es, das Thema Nachhaltigkeit als Querschnittsthema in Forschung, Lehre und Campusmanagement zu etablieren. Alle Aktivitäten sind seit 2015 in der Stabsstelle für Nachhaltigkeit & Energie gebündelt.

Ganz neu gestartet haben wir einen Kompetenzbereich ‚Nachhaltige Entwicklung‘. Das ist ein interdisziplinäres Format, welches offen ist für alle Bachelor-Studierenden. Die Kurse sind Pflichtkurse im Rahmen der Allgemeinen Berufsvorbereitung (ABV), wobei Nachhaltige Entwicklung einer von sechs angebotenen Kompetenzbereichen ist. Wir sind im Wintersemester 2018 mit sieben Kursen und einer Ringvorlesung gestartet, die auf sehr großes Interesse bei den Studierenden stießen. Für das Sommersemester 2019 bereiten wir ein Angebot in ähnlichem Umfang vor.

Was ist die Intention der UAS? Können Sie das Projekt kurz erklären?

Das Anliegen der University Alliance for Sustainability, kurz UAS,  ist es, dass die Freie Universität Berlin zusammen mit ihren strategischen Partnern, der Hebrew University of Jerusalem (Israel), der Peking University (China), der St. Petersburg State University (Russland) und der University of British Columbia (Kanada) Nachhaltigkeit als holistisches Querschnittsthema in Forschung, Lehre und Campus-Management etabliert und sich dazu international vernetzt, um sich beispielsweise über Best-Practice-Beispiele auszutauschen oder die Frage zu diskutieren, was die Rolle von Universitäten als gesellschaftlicher Akteur sein kann oder sollte. Im Rahmen des holistischen Nachhaltigkeitsansatzes haben wir da als öffentliche Institution eine große Verantwortung, weil wir bspw. Studierende ausbilden, die später Entscheidungsträger*innen sein werden, oder weil wir Grundlagenforschung in diesen Bereichen betreiben. Aufgrund seiner relativen Abgeschlossenheit bietet sich ein Universitätscampus besonders auch als Testfeld an, um soziale oder Nachhaltigkeitsinnovationen zu testen, z.B. beim Energiemanagement oder bei der Grünanlagengestaltung. Daher ist es so wichtig, das Campusmanagement einzubeziehen. Über die Erfahrungen dabei tauschen wir uns mit den Partnern innerhalb der UAS aus.

Neben der jährlichen Spring Campus Conference, dem zentralen Event, an dem sich alle Aktivitäten gewissermaßen bündeln und die auch für externe Teilnehmer offen ist, gibt es eigene UAS-interne Fachworkshops für die Bereiche Lehre und Campus-Management. Dabei geht es zum Beispiel um die Frage, wie man Lehrerende, die bisher nicht mit Nachhaltigkeit zu tun hatten, oder die Methoden der BNE nicht kennen, dafür interessieren bzw. begeistern kann, und welche Kompetenzen man eigentlich den Studierenden vermitteln sollte. Neben den Dozent*innen sind hier vor allem die Personen wichtig, die sich mit der Curriculumsentwicklung beschäftigen. Wenn man hier im Gespräch ist, weiß man, wie und wann man neue Inhalte in die Studienordnung bringen kann.

In China ist das besonders wichtig, weil die Universitäten dort mit Forschungs- und Lehrplanentwicklungen arbeiten und bis zu 5 Jahrespläne erarbeiten. Wenn man da etwas verankern kann, kann das weitreichende Effekte haben.

Die Peking Universität ist eine von fünf strategischen Partner-Kooperationen innerhalb der UAS. Wie gestaltet sich die Kooperation mit der Peking Universität?

Von Seiten der Peking Universität besteht Interesse an den großen Oberthemen urbane und regionale Entwicklung. An Deutschland interessiert sie dabei besonders die Energiewende und der damit verbundene Strukturwandel u.a. in den (ehemaligen) Kohlegebieten.

Eine Gastwissenschaftlerin von der PKU hat im Dezember 2018 aber auch speziell zur Entwicklung von Nachhaltigkeits-Curricula geforscht. Dort gibt es ein ähnliches Modul wie bei uns jenes im Rahmen der Allgemeinen Berufsvorbereitung.

Der Campus der PKU ist sehr groß und sehr grün. Es gibt viele Studentenclubs, die sich u.a. auch mit Fragen der Ökologie des Campus‘ beschäftigen, z.B. Clubs die Vogelbeobachtungen und -zählungen durchführen. Der Campus dient also gleichzeitig der Erholung und der Forschung. In Berlin haben wurden auch schon Wildkräuterspaziergänge auf dem Gelände der FU Berlin organisiert. Ein Sustainability Walk ist noch in Ausarbeitung.

Gibt es von Ihren Partnerinstitutionen auf mehreren Kontinenten unterschiedliche Vorstellungen oder Bedürfnisse in Bezug auf Fragestellungen, Inhalte und Ziele? Speziell interessiert uns natürlich die Peking Universität.

Wir haben sehr unterschiedliche Partneruniversitäten – allein die geografische Lage und die klimatischen Bedingungen fordern ganz unterschiedliche Nachhaltigkeitsstrategien im Campus-Management. Daher  kann man sagen, dass nichts eins zu eins übertragbar ist. Wir tauschen uns über die Best-Practice-Beispiele aus und über Fragen, wie man z.B. Studierende motivieren kann. Dann überlegen wir, wie das im jeweiligen Kontext funktionieren kann.

Wieviele Studierende oder Wissenschaftler aus Peking und Berlin haben im Rahmen der Alliance an der jeweiligen Partneruni geforscht?

Insgesamt hat das Mobilitätsprogramm der UAS 246 Wissenschaftler*innen, Verwaltungsmitarbeiter*innen aus dem Bereich Nachhaltigkeit, Studierende und PhD gefördert. Davon 53 Personen von der PKU an die FUB oder von der FUB an die PKU.

Was ist außer der Spring Campus Conference, die vom 1. bis 5. April an der FU Berlin stattfinden wird, für 2019 geplant?

Die gute Nachricht ist, dass die Anschlussförderung durch den DAAD gerade für zwei weitere Jahre, also bis 2020, bewilligt wurde. Die Aufgabe für 2019 und 2020 ist es daher, zu schauen, wie man die UAS auf eigene Füße stellen und das etablierte Netzwerk langfristig erhalten kann. Dazu findet im Herbst ein Future Lab statt.

Besonders wichtig ist es, die Spring Campus Conference weiterführen zu können, bei der Stakeholder aus allen Bereichen zusammenkommen und gemeinsame neue Projekte entstehen.

Wenn Sie einen Projektvorschlag im Rahmen des STADTMACHER China – Deutschland Programm einreichen könnten: Was wäre das?

Das könnte in die Richtung gehen, die Universität mehr mit der Stadt zu vernetzen. Die FU Berlin, die mit ihren über 5.000 Mitarbeiter*innen und rund 35.000 Studierenden die Größe einer deutschen Kleinstadt hat, hat beispielsweise mit dem Berliner Senat eine Klimaschutzvereinbarung geschlossen. Ob es ähnliches an der PKU gibt, ist mir nicht bekannt. Aber die Möglichkeiten einer Universität als gesellschaftlicher Akteur in einer Stadt das Thema Nachhaltigkeit zu untersuchen und aktiv mitzugestalten, könnte ein sehr interessantes Projekt sein.

 

Katrin Risch ist seit 2015 Projektmanagerin der “University Alliance for Sustainability” an der Freien Universität Berlin. Vor ihrer Tätigkeit bei der Stabsstelle Nachhaltigkeit und Energie war sie in den Bereichen internationale Bildungsprogramme, Blended Learning Programme und Netzwerkbildung tätig. Am Center for Global Politics (CGP) der Freien Universität entwickelte sie Content für den M.A. International Relations Online und konzipierte Workshops und Sommerschulen in Osteuropa und Asien. 2009 unterrichtete sie das Modul “Medien und Internationale Politik” an der Moskauer Staatlichen Universität für Internationale Beziehungen (MGIMO). Katrin Risch studierte Politikwissenschaft und Anglistik in Deutschland und England.

Kontakt
katrin.risch@fu-berlin.de