Lokales Stadtmachen: KIEZMOBIL Berlin Weißensee 2021 – Doku-Film

Author KIEZMOBIL-Team @C*SPACE Berlin
Published February 2022
Location Weißensee, Berlin

Das KIEZMOBIL-Projekt #gemeinsamkiezmachen in Weißensee Berlin ist von der Dokumentarfilmerin Maude Fornaro begleitet worden. Hier könnt ihr den Film sehen und ein Interview mit Maude lesen, die auch als “Kiezmacherin” seit vielen Jahren kreativ unterwegs ist, u.a. das  “Das Öffentliche Wohnzimmer” Projekt realisiert hat und derzeit einen Jugendclub leitet.

2021 war das Auftaktjahr des KIEZMOBIL-Projektes, ein mobiler Begegnungsraum, der ein Parklet (Stadtmöbel) als Bühne und Outdoor-Terrasse für gesellige Treffen, Workshops, oder auch Konzerte nutzt und auf der Parkplätzen auf der Straße, in Höfen oder auf Brachen stationierend, durch den KIEZ getourt ist.

Zum Projekt ist ein Dokumentarfilm von Maude Fornaro produziert worden, die die zahlreichen spannenden Aktionen am KIEZMOBIL, die verschiedenen Begegnungen mit Nachbar*innen, Kulturveranstaltungen, Konzerte, Mit-Mach-Workshops, und vieles mehr begleitet hat . Der umfangreiche Doku-Film bietet eine gute Möglichkeit, nicht nur einen Blick in dieses Projekt zu werfen, sondern  er gibt auch generell einen kleinen Überblick über zivilgesellschaftliches Engagement in Weißensee.

Maude Fornaro ist nicht nur als Kamerafrau und Filmemacherin in Weißensee unterwegs, sondern selber “Kiezmacherin”: Sie leitet derzeit einen Jugendclub und hat etliche spannende Projekte  realisiert, z.B. “Das Öffentliche Wohnzimmer”. Im Interview erzählt sie mehr über ihre Beziehung zum Kiez, was sie bewegt, was sie inspiriert und woran sie gerade arbeitet.

Interview mit Maude Fornaro

Wie lange bist Du schon im Kiez? 

Ich wohne seit 1999 in Berlin und seit 2002 im Komponisten Viertel. Ich war schwanger und hatte eine große und billige Wohnung gesucht. Damals war Weißensee für die meisten ein Ort weit entfernt vom Zentrum und die Mietpreise waren erschwinglich.

Wo arbeitest Du derzeit? 

Wenn ich nicht gerade mit Kameras und Lichtstativen unterwegs in Berlin bin, um Theater, Musik, Imagefilme oder stadtteilbezogene Aktionen zu filmen, arbeite ich für den Verein Juventus e.V. und leite einen Jugendclub und etliche Jugendprojekte. Ich setze mich dafür ein, dass junge Menschen Gelegenheiten erhalten, einen aktiven und anerkannten Platz in der Gesellschaft zu finden, z.B. als Mitgestalter:innen des Lebens im Kiez und als Junior Teamer:innen für Kinder. Im Jugendclub Mahler 20 kommen immer mehr Menschen mit ihren Ideen und holen sich unsere Unterstützung, um sie umzusetzen. Jedes Mal freue ich mich darüber.

Was für Projekte realisierst Du? 

Im Rahmen des KIEZMOBIL-Projektes habe ich die Videodokumentation gemacht.

Im Rahmen der Jugendarbeit leite und koordiniere ich neben dem Jugendclub die Projekte KIEZ MOVES, Jugendforum PfD Pankow Ost, Jugendforum PfD Pankow Süd und Das Öffentliche Wohnzimmer im Hansaviertel. Bei den Projekten geht es um Kinder- und Jugendbeteiligung, um solidarisches Jugendengagement, um die Belebung der Stadt, um Kultur und Begegnung und um die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung der jungen Menschen. Die Projekte finden in Weißensee und Heinersdorf statt, v.a. an Orten, an denen nicht viel los ist.

Was bedeutet für Dich Weißensee?

Ich durfte die Entwicklung von Weißensee über 20 Jahre beobachten. Etwas Spannendes! Weißensee war für mich früher ein Ort mit Brachflächen an denen man Frösche und Füchse sehen konnte, aber auch in dem ich von meinen Hausnachbarn rassistisch belästigt wurde und für jeden Menschen, der etwas dunkel war, Angst hatte. Weißensee war wie ein Dorf und oft brauchte man keinen Termin, um Sachen zu klären, sondern traf sich einfach zufällig auf dem Weg, unterwegs zur Post. Heute ist die Bevölkerung von Weißensee sozial und kulturell viel gemischter. Ich finde es schön. Der Dorfeindruck ist aber geblieben. Rassistische Belästigungen sind noch Thema, aber etwas weniger als vor 20 Jahren. Was kulturelle Angebote und Möglichkeiten sich zu treffen betrifft, gibt es in Weißensee immer noch große Mängel. Da hat sich nicht viel getan, auch wenn es jetzt ein wenig mehr Cafés und Bäckereien als früher gibt.

Für mich ist Weißensee ein Dorf in der Stadt. Alles ist in der Nähe. Man trifft seine Bekannte auf der Straße. Wenn man Lust auf Unterhaltung und Begegnungsorte hat, muss man aber in die „Stadt“ gehen. Der Provinzcharakter der Barnimer Stadt vom Anfang des Jahrhunderts ist geblieben.

Was ist Dein Ausbildungshintergrund?

Ich habe Film in Paris studiert, am Conservatoire Libre du Cinéma Français. Dann habe ich Germanistik an der Sorbonne studiert (deutsche Sprache, Literatur, Geschichte und Philosophie), einfach um die deutsche Sprache zu lernen. Nachdem ich nach Deutschland umgezogen bin, habe ich Sozialpädagogik studiert, an der Katholische Hochschule für Sozialwesen. Ich wollte schon mit 14 einen stadtteilorientierten Jugendclub leiten. Nach meiner Ausbildung und Zertifizierung als Prozessmoderatorin für Kinder- und Jugendbeteiligung und vielen Projekten u.a. in den Bereich Medien und Jugendbeteiligung, wurde ich im Jugendclub Mahler 20 sesshaft.

Was ist „Das Öffentliche Wohnzimmer“? 

2007 hatte ich mit der Initiative Mitgetalter, die ich mit Freund:innen gegründet hatte, eine aktivierende Umfrage in Weißensee durchgeführt, aus der mehrere Wünsche für die Entwicklung von Weißensee sich herauskristallisierten. Ein der Wunsch war, dass es mehr Kultur und Orte der Begegnung gibt. Daraufhin habe ich überlegt, was ich und die Init. Mitgestalter dazu beitragen könnten. Ich habe dann das Konzept vom Stadtteilevent „Das Öffentliche Wohnzimmer“ entwickelt und 2009 für das erste Mal umgesetzt. Im Komponisten Viertel wurde das Event bis 2020 ca. 30 Male durchgeführt.

Das Öffentliche Wohnzimmer ist ein Stadtteilfest mit Beteiligung der Nachbar:innen aller Alters. Es findet auf einem roten Teppich statt, mit Sofas und Kissen, mit Tischen und Equipments für allerlei Aktivitäten sowie einiges für den Magen. Das Programm wird mit den Beteiligten entwickelt. Meistens gibt es Konzerte, eine offene Bühne, sportliche, kreative und spielerische Aktivitäten und immer wieder Aktivitäten, die die Begegnung und die Partizipation der Nachbar:innen fördern, sowie Angebote durch die man sein Erfahrungsspektrum erweitert, wie z.B. von einem Blinden zu lernen, wie man mit Stock geht. Gemütliche Möbelstücke ersetzen die Markstände und engagierte Kinder, Jugendliche und Erwachsene die Eventsfachkräfte, um gemeinsam ihr eigenes nachbarschaftliches Fest aufzubauen. 2022 soll das Event in den Hansaviertel gebracht werden, dort den Stadtteil beleben und durch eine gemeinsame Aktion das Gemeinschaftsgefühl stärken.

https://mitgestalter.wordpress.com/

Schriftliches Interview mit Fragen von Katja Hellkötter, Februar 2022

KIEZMOBIL – Weißensee Langhanskiez #gemeinsamkiezmachen
c/o C*SPACE – Co-Working, Kreativ- und Projektraum Langhansstr. 86, 13086 Berlin
Kontakt KIEZMOBIL-Team:  kiezmobil@c-space.eu

Förderung: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen (FEIN-Pilotprojekte)
Projekt Ko-Initiator: Bezirksamt Pankow von Berlin, Büro für Bürgerbeteiligung
Projektträger: IGWS – Interessengemeinschaft Weißenseer Spitze e.V.
Projektkoordination: C*SPACE gGmbH

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