Ramona Pop – Öko-Systeme für grüne Innovationen zwischen Berlin und Asien vernetzen

Published April 2018
Location Berlin
Ramona Pop © Hoffotografen

Sie fuhren im April 2018 nach China, um dort in der Schwesterstadt Beijing eine Berlin-Repräsentanz zu öffnen. Was haben Sie sich für das gemeinsame Lernen der Partner-Städte vorgenommen?

Es stand viel auf dem Programm. Neben der Eröffnung unserer Wirtschaftsrepräsentanz Berlin in China haben wir im Rahmen zweier Wirtschaftsforen in Peking und Shanghai die Wirtschaftskooperationen unserer Städte ausgebaut und vertieft. Wir wollten Berliner Gründerinnen und Gründer bei der Expansion in den asiatischen Markt unterstützen und mit VertreterInnen von Unternehmen und Stadtverwaltungen insbesondere die Themen Elektromobilität, Energie, Umwelt und Start-ups diskutieren.

Was bedeutet “Smart City” für Sie?

Rund 75 % des globalen Energie- und Ressourcenbedarfs entfallen auf Städte. Gleichzeitig bietet die räumliche Nähe von Versorgern und Verbrauchern eine gute Voraussetzung für die Umsetzung integrativer Konzepte. Als Experimentierraum, in dem die Mehrzahl neuer Energietechnologien und Infrastrukturen implementiert werden, kommt Städten eine wichtige Rolle zu. Politik und Wirtschaft sind hier gleichermaßen gefordert, an intelligenten, zukunftsfähigen Lösungen zu arbeiten.

Berlin ist bereits heute ein Labor, in dem daran gearbeitet wird, Ressourcen optimal einzusetzen und diese für eine höhere Lebensqualität zu verwenden. Die vielfältigen Datenbestände und die Infrastruktur der wachsenden Stadt müssen dafür noch stärker geöffnet und genutzt werden. Berlin war Deutschlands erste Stadt, die ein offenes Datenportal hervorgebracht hat. Dies gilt es auszubauen. Mit der „Smart City Strategie Berlin“ verfolgt der Senat das ambitionierte Ziel, die Entwicklung Berlins zu einer „intelligenten Stadt“ voranzutreiben.

Was kann eine Stadt auf Bürgermeister-Ebene tun, um Öko-Systeme für “innovatives Stadtmachen” zu fördern? Und welche   Erkenntnisse würden Sie mit Ihren chinesischen Amtskollegen dazu gerne teilen?

Wir modernisieren Berlin ökologisch. Mit der Entfesselung des Stadtwerks bringen wir die Energiewende in Berlin voran. Berlinerinnen und Berliner können nun lokalen Ökostrom beziehen. Wir haben damit einen modernen Energiedienstleister für die Stadt geschaffen, der auch ein wichtiger Akteur bei der energetischen Sanierung öffentlicher Gebäude ist.

„Innovatives Stadtmachen“ spürt man in Berlin insbesondere im öffentlichen Nahverkehr. Wir entwickeln für die wachsende Stadt Konzepte, mit denen immer mehr Menschen sicher, zügig und ressourcenschonend von A nach B kommen – mit sauberen öffentlichen Verkehrsmitteln und individuell mit elektrisch angetriebenen Autos, mit Fahrrädern oder zu Fuß. Mit U-Bahnen, Straßenbahnen und Fähren sind schon jetzt zwei Drittel der jährlich über einer Milliarde Fahrgäste der BVG elektrisch unterwegs. Wir arbeiten gemeinsam mit den Verkehrsbetrieben mit Hochdruck daran, die Busflotte auf den zukunftsweisenden und umweltfreundlichen E-Antrieb umzustellen. Wir sind in Berlin auf dem Weg in eine Mobilität der Zukunft.

Digitalisierung ist Voraussetzung für die Energiewende und „innovatives Stadtmachen“. Alle Branchen sind hier betroffen. Wir unterstützen daher Unternehmen bei dieser Herausforderung. Mit einer Digitalagentur schaffen wir eine Plattform für die Zusammenarbeit von Mittelstand, Start-ups und Wissenschaftlern, um digitale Geschäftsmodelle neu oder weiterzuentwickeln.

Innovation haben wir zudem bisher in Berlin und Brandenburg gemeinsam in der Strategie innoBB und innerhalb dieser in fünf Bundesländer-übergreifenden Clustern gefördert. Ziel war die Etablierung der Cluster in der Region und die Schaffung von leistungsfähigen Managementstrukturen. Durch Aktivitäten der Clustermanagements sollen Impulse für einen nachhaltigen Technologietransfer in und zwischen den Clustern sowie für eine erfolgreiche Bestandsentwicklung und technologieorientierte Ansiedlungspolitik gesetzt werden.

Wesentliches Anliegen der innoBB ist es, Synergien in der Gesamtregion zu heben, die Wissenschafts- und Forschungslandschaft der Hauptstadtregion auszubauen und noch stärker mit der Wirtschaft zu verzahnen. Durch die Förderung der Innovationsfähigkeit von Unternehmen in den Clustern sollen diese in ihrer nationalen und internationalen Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden. Unsere Clusterförderung wird derzeit überprüft und ggf. neuen Rahmenbedingungen angepasst.

Außerdem unterstützen wir Gründungsaktivitäten von jungen Unternehmen: Berlin ist Gründungshauptstadt! Wir haben verschiedene Förderprogramme aufgelegt, die junge Unternehmen und Startups je nach Bedarf jeweils ganz spezifische Unterstützung geben. Die Förderungen zielen zum Teil auf die Entwicklung von innovativen Ideen und Technologien, zum Teil wird die Entwicklung des Managements von jungen Unternehmen unterstützt. Jedes Unternehmen ist individuell und deshalb können Unternehmen aus unserem Portfolio die für sie geeignete Unterstützung heraus suchen.

Was nun den Kontakt zwischen Berlin und China angeht, so sollten aus der politischen Perspektive zum einen gute Rahmenbedingungen für Unternehmen geschaffen werden, um Kontakte und Geschäfte mit Unternehmen aus dem Ausland zu unterstützen. Diese Unterstützung von Rahmenbedingungen gewähren wir auch ganz praktisch innerhalb unserer drei Förderlinien des „Programms für Internationalisierung“. Außerdem bieten politische Begegnungen immer wieder einen Anlass, um Unternehmen zusammen zu führen und Kooperationen entstehen zu lassen. Das ist die Intention meiner China-Reise im April 2018 gewesen.

Ein wichtiges Fazit unserer Arbeit ist, dass die Initiative zum Wachsen und zur Kooperation über Grenzen hinweg von den Unternehmen ausgehen muss. Wir schauen genau hin, welche Förderung insbesondere für KMU zielführend sein könnte. Aber Kern der Förderangebote meines Hauses ist, dass nicht wir die Unternehmen mit einer Förderung oder einem Angebot zu einem spezifischen Ziel bringen wollen, sondern der Impuls kommt aus den Unternehmen und wir unterstützen insbesondere kleine und kleinste Unternehmen immer nur da, wo sie Herausforderungen nicht alleine meistern könnten.

Unser Projekt-Name STADTMACHER China-Deutschland ist Programm: Zwar sind die Rahmenbedingungen für Zivilgesellschaft in China andere als in Europa, aber dennoch sehen wir in China Spielräume für Bottom-Up Maker und scouten Kreative, Architekten, Entrepreneure und Start-ups, die besonders initiativ und auch von gesellschaftlichen oder ökologischen Zielen geleitet sind. Berlin ist Start-up Capital in Europa und zugleich auch deshalb so attraktiv für junge Entrenpreneure, weil die Lebensqualität kulturell geprägt ist und sich dadurch auch besonders “menschlich” anfühlt. Haben Sie konkrete Ideen, wie Sie die besonders kreativen Denker und Macher für nachhaltige Städte zusammen bringen können? Quasi die „kollektive Intelligenz“ für die Zukunft der Städte auch im Rahmen Ihrer China-Aktivitäten unterstützen können?

In Berlin wurden in Bezug auf Startups und Asien zwei größere Initiativen gestartet: Es gibt das Projekt Startup Asia Berlin (SUAB), das in meinem Haus initiiert wurde und demnächst durch enpact e.V. umgesetzt wird. Hier geht es um eine Vernetzung von Ökosystemen, und zwar zwischen Berlin und Indien (Bangalore), Indonesien (Partnerstadt Jakarta) und China (Peking, Shenzhen und Hongkong). enpact wird Reisen und Treffen von Ökosystem-Playern organisieren, um über eine strukturelle Verbindung zwischen Berlin und den genannten Städten Kooperationsmöglichkeiten für Startups zu schaffen.

Außerdem gibt es die StartAlliance, eine Initiative der Startup Unit bei „Berliner Partner für Technologie und Forschung“, die durch die Kooperation mit verschiedenen Inkubatoren und Akzeleratoren ein weltweites Netzwerk geschaffen haben, das Startups den Einblick in den jeweils anderen Markt ermöglicht. Die StartAlliance organisiert Reisen (2017 nach Shanghai, 2018 nach Shanghai und Peking), während derer die mitreisenden Unternehmen Kontakte knüpfen konnten. Im Nachgang sind mehrere Wochen kostenfreier Büroarbeitsplatz möglich, um tiefer einzutauchen. Umgekehrt empfängt die StartAlliance auch Unternehmen aus dem Ausland, die Berlin kennen lernen möchten.

Gab es eine Fragestellung, die Sie persönlich für Ihre Reise nach China besonders interessierte?

China legt beim Thema Elektromobilität ein rasantes Tempo ein – mich interessierte, wie dieser schnelle Wandel erreicht wurde, welche Auswirkungen dieser hat und ob auch einige Maßnahmen ein Vorbild für Deutschland, insbesondere Berlin sein können.

 

Ramona Pop wurde 1977 in Rumänien geboren und siedelte 1988 nach Deutschland über. Nach ihrem Abitur in Münster studierte sie von 1997 bis 2003 Politikwissenschaften an der Westfälischen-Wilhelms-Universität in Münster und am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. 1997 wurde sie Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen. Seit November 2001 ist sie Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin. Von Oktober 2009 bis Dezember 2016 war sie dort Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Seit Dezember 2016 ist sie Berliner Bürgermeisterin und Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Außerdem ist sie Aufsichtsratsvorsitzende der Berliner Stadtreinigung (BSR), der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und der Berliner Wasserbetriebe (BWB) sowie Vorsitzende des Verwaltungsrats der Investitionsbank Berlin (IBB).

Kontakt
Svenja.Fritz@senweb.berlin.de