Über mongolische Architektur

Published November 2017
ZHANG Pengyu

Sie erforschen derzeit mongolische Architektur, welche Besonderheiten und Unterschiede zu anderen Architekturen hat mongolische Architektur Ihrer Ansicht nach?

Die Architektur in der Inneren Mongolei kann man in zwei Gruppen teilen, erstens die einheimische und zweitens jene, die von außen gekommen ist. Die einheimische beruht auf der mongolischen Jurte, die mobil ist, um den Weiden und dem Wasserangebot zu folgen, eine typische ökologische Konstruktion also. Mit möglichst wenig Material wird ein möglichst großer Raum geschaffen. Ihre Form ist ideal, um Wind abzuhalten und Sonnenlicht zu nutzen. Das Baumaterial stammt vollständig aus dem Grasland, es kann wieder verwendet werden und wärmt im Winter und kühlt im Sommer. Das sind die größten Unterschiede zur Architektur anderer Gebiete. Die lange Tradition des Nomadenlebens hat auch dazu geführt, dass die Mongolen ihre eigenen Konzepte und Vorstellungen vom Wohnen entwickelt haben. Die exogene Architektur stammt aus den umliegenden Gebieten mit Han-chinesischer Besiedlung und ist örtlich fixiert. Während des Besiedlungsprozesses wurde sie an das Klima, die Bodenbeschaffenheit und die Verfügbarkeit von Baumaterialien angepasst, hat sich aber nicht grundsätzlich verändert.

Beim Entwurf für das neue Gebäude des Instituts für Architektur an der Inner Mongolia University of Technology haben Sie eine alte Fabrikanlage integriert und zu neuer Nutzung geführt. Was waren Ihre Ausgangsüberlegungen und Ihr Leitmotiv dabei?

Ausgangsüberlegungen gab es zwei: Erinnerungen zu erhalten und Baumaterial wiederzuverwerten. Beim ersten Punkt geht es darum, das Erinnerungen und Bezüge zu unserem Campus zu erhalten und fortzuführen. Mit dem Umbau des Bestandes soll das kulturelle Gedächtnis der Universität erhalten werden und ein zeitliches Element in den Entwurf des Campus‘ integriert werden. Beim zweiten Punkt spielen ökologische Prinzipien eine Rolle, die bestehenden Gebäude, deren Lebenszeitraum noch nicht vorbei ist, zu neuer Nutzung zu führen. Beide Punkte haben den gesamten Prozess der Umgestaltung bestimmt.

Worauf muss man bei der Gestaltung „einheimischer“ Architektur achten?

Das sind das Klima und die Menschen. Das Klima bestimmt die Form der Architektur, das ist schon lange mein Grundprinzip. Die Einschränkungen, die das Klima vorgibt, können aber auch wieder aktive Impulse für den Entwurf liefern. Und die Menschen einer Gegend haben bei der Nutzung von Gebäuden ihre Gewohnheiten und Verhaltensweisen, diese sind Teil der Kultur und müssen bei der Planung beachtet und optimiert werden.

Sie haben in der Vergangenheit das Konzept des „ehrlichen Bauens“ verwendet, können Sie sagen, was das bedeutet?

Kurz gesagt geht es dabei darum, architektonische Fragen und Probleme passend und angemessen zu lösen. Die Voraussetzung dafür ist, dass man ehrlich und offen fragt, welche Probleme ein Gebäude lösen soll. Unterschiedliche Probleme verlangen unterschiedliche Methoden. In meinen Entwürfen bedeutet „passend und angemessen“ in der Regel, dass ich mich den Herausforderungen des Klimas stelle, den Fragen der Integration von bestimmten Materialen und der Nutzung des Ortes. Ich versuche, eine angemessene Form zu finden, und den Raum neu zu schaffen.

„Erinnerung“ ist für Sie ebenfalls ein äußerst wichtiges Konzept – wie kann man als Architekt oder Architektin die Geschichte besser verarbeiten?

Für Architekten geht es dabei in der Regel um historische Gebäude. Die Voraussetzung ist Respekt, aber wie man diesen dann ausdrückt, da gibt es viele Möglichkeiten: Es geht aber immer darum, die historische Atmosphäre des Raumes so weit wie möglich zu erhalten und zu nutzen. Bei der konkreten Arbeit mit historischen Gebäuden gibt es normalerweise viele Aspekte zu beachten, wie Maßstab, Farbe und Material. Was die Form betrifft, denke ich, dass eine Gegenüberstellung mit neuen Formen am besten geeignet ist die historische Eigenart eines Gebäudes hervorzuheben, das wäre eine aktive Art, Respekt auszudrücken.

Ausgehend vom Respekt gibt es noch die Frage der effizienten Nutzung über die man nachdenken muss, aber die Voraussetzung, dass das historische Gedächtnis nicht abhanden kommen darf, steht nicht zur Diskussion.

 

ZHANG Pengyu hat an der South East University in Nanjing Architektur studiert und an der Universität Tianjin promoviert. Seit 1985 arbeitet er als Architekt und seit 1990 als Hochschuldozent.

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