In dieser Periode lebten zirka 4500 Deutsche (ohne die jüdischen Flüchtlinge) in China, die Hälfte davon in Shanghai. Nach Astrid Freyeisen ist es nicht ganz klar, ob die erste Parteizelle der deutschen Nationalsozialisten 1931 in Hankou oder in Shanghai gegründet wurde. In Hankou hatte die Gruppe jedoch immer weniger als 30 Mitglieder. Sachse trat dabei mit seinen Aktivitäten für die Partei nicht hervor, und es ist anzunehmen, dass er der NSDAP aus opportunistischen Gründen beitrat. Während Sachse in Hankau 1938/39, wie er sagte, aus humanitären Gründen den chinesischen Flüchtlingen helfen will, kommen in Shanghai tausende jüdische Flüchtlinge aus Europa an, die ebenfalls auf Unterstützung angewiesen waren. Hierzu verliert er in seinem Bericht kein Wort und es kann als sicher angesehen werden, dass er sich hier auch nicht engagiert hätte.
Der Zusammenschluss christlicher Missionsgruppen unter der Führung von Pater Jacquinot verhinderte in Hankou vermutlich ein Blutvergießen wie beim Massaker in Nanjing. Richard Sachse war dabei als NSDAP-Mitglied einer der vielen Helfer, der glaubte seine Parteizugehörigkeit habe zum Erfolg beigetragen. Mit großen Hakenkreuzen auf den Dächern der Gebäude versuchte man die japanischen Flugangriffe auf die ehemals deutsche Konzession in Hankou zu verhindern, und damit die dort untergebrachten Menschen zu schützen. Für die japanischen Besatzer wurde die Zone der ehemaligen Konzessionen nach ihrer Machtübernahme zur bevorzugten Wohngegend, da fast keine Zerstörungen stattgefunden hatten. Die Amerikanische Journalistin Agnes Smedley, die vor Ort für den Manchester Guardian berichtete, schrieb später anerkennend von fast 400.000 geretteten Chinesen, die allerdings nur gerettet worden seien, weil sie als Arbeitssklaven für die ausländischen Fabriken und für die japanische Kriegsmaschine gebraucht würden.
Referenzen
Marcia R. Ristaino: The Jacquinot Safe Zone: Wartime Refugees in Shanghai, Stanford 2008.
Richard Sachse: »Wir helfen! Ein Bericht über die Hilfstätigkeit der Deutschen Gemeinde Hankau für die chinesischen Flüchtlinge«, in Verband Deutscher Vereine im Ausland e.V. (Hg.): Wir Deutsche in der Welt, Berlin 1939, S. 107–118. Astrid Freyeisen, Shanghai und die Politik des Dritten Reiches, Würzburg 2000.
Über den Autor
Eduard Kögel (*1960), Dr. Ing., Studium an der Gh Kassel im Studiengang Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung. 1999–2004 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Planen und Bauen in außereuropäischen Regionen der TU Darmstadt. 2007 Dissertation zu Rudolf Hamburger und Richard Paulick in China an der Bauhaus-Universität in Weimar. 2009–2011 Forschungsprojekt zu Ernst Boerschmann an der TU Berlin. Lehraufträge an der TU Darmstadt, TU Berlin und Bauhaus-Universität Weimar. Publikationen u. a.: The Grand Documentation, Ernst Boerschmann and Chinese Religious Architecture, Berlin/Boston 2015 und Architekt im Widerstand, Rudolf Hamburger im Netzwerk der Geheimdienste, Berlin 2020. Seit 25 Jahren Forschung zum Austausch zwischen Europa und Asien. www.eduardkoegel.de